Artikelserie „Schkeuditzer Gaststätten zwischen 1500 und 1900“

Serie 4 entlang der Halleschen Straße

5. Restaurant  "Gasthof zur weißen Taube"

 

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In der "guten alten Zeit", in der der Staat auch damals genau vorschrieb, was man tun und lassen konnte, war es auch in Schkeuditz für den Reisenden nicht leicht sein müdes Haupt zu betten, obwohl es in der Stadt drei Gasthöfe gab, in denen die Fuhrleute ihre Kutschen ausspannen konnten.

Dies waren bekannter Weise der "Blauer Engel'', die "Goldene Sonne'' und der "Adler''. Das reichte aber nicht. Die durchwandernden Handwerksgesellen wurden damals von den zuständigen Innungsmeister der jeweiligen Zunft versorgt, hatten somit kein Problem.

Der Bäcker Friedrich Taubeneck erkannte die Marktlücke. Er baute 1828, weit vor dem Halleschen Tor, ein neues Haus und beantragte bei der Stadtverwaltung die Genehmigung für eine Gast- und Schenkwirtschaft, sowie für die dazu gehörige Ausspanne. Die Genehmigung wurde ihm erteilt, aber das Geschäft ging nicht lange gut. Die Neider, die Wirte vom '"Blauen Engel'' und der '"Goldenen Sonne'',   sahen sich, genau wie die Brauerschaft, in ihrem Verdienst geschädigt.  Die Brauerschaft verwies in ihrem Schreiben an den Landrat auf das Stadtrecht, wonach nur die brauberechtigte Bürgerschaft zum "Setzen und Bierverschenken" berechtigt sei. Die klagenden Wirte wollten ein Verbietungsrecht haben. Daraufhin wurde vom Landratsamt mit einem entsprechenden Erlass die Schenk- und Gastwirtschaft bis auf weiteres verboten. Taubeneck protestierte und verwies auf die Zustände. Er zählte auf:

1 . Die vorhandenen Gasthöfe wären überfüllt.

2 . Die Salzfuhrleute, die gewohnt waren, Futter für die Pferde und die eigene Verpflegung bei sich zu haben, würden von den Gasthöfen nicht aufgenommen, da sie den Wirten keinen Gewinn brächten. Dadurch müssten sie in den Abendstunden noch stundenlang fahren und verfielen dadurch in Zollamtliche Strafen, weil sie zu ungesetzlichen Stunden die sächsische Grenze bei Modelwitz passieren mussten.

3. Viele Land- und Bauersleute, die zum Wochenmarkt kämen, könnten ihre Pferde nicht einstellen, was im Winter sehr unangenehm und gefährlich für die Tiere sei.

Taubeneck organisierte eine Unterschriftensammlung unter Bauern und Fuhrleuten mit der Forderung:  Wir brauchen in Schkeuditz eine weiter Ausspanne! Dieser Forderung konnte sich der Regierungspräsident schließlich nicht mehr verschließen. Taubeneck glaubte sich nun am Ziel seiner Wünsche und beantragte beim Bürgermeister, seinem Gasthaus den Namen "Gasthof zur erfüllten Hoffnung" geben zu dürfen. Doch jetzt klagte die Stadt als Besitzer des Ratskellers gegen den Wirt des Gasthofes. Er hatte eine Flasche Wein ausgeschenkt, was aber nach Ansicht der Stadt nur dem Ratskeller zustand.Vor Gericht erklärte der jetzt Wirt, er habe nur selbst angebauten Landwein ausgeschenkt.   Das dürfe er ! Seine wenigen, erst frisch angelegten Weinstöcke an seinem Stall, hätten eine gute Ernte gebracht, aus der er einen halben Eimer gekeltert habe. Außerdem wäre das Weinausschenken nicht ausdrücklich verboten worden. Ein Zeuge, der Schneidermeister Bennemüller, konnte leider nicht beurteilen, ob der getrunkene Wein ein Landwein oder ein anderer gewesen sei. Der Stadt kostete der Prozess 33 Taler, 18 Silbergroschen und 7 Pfennige. Die Konkurrenz gab aber noch immer nicht auf. Eine Kommission sollte nun in allen Schankstätten feststellen, ob fremde Biere und Weine eingelagert sein. In der '"Weißen Taube'' , so hieß Taubenecks Gasthof inzwischen, wurden die Herren fündig ! Im Keller fanden sie 71 Flaschen fremdes Bier und 5 Flaschen Rheinwein. Das jetzt angerufene Regierungspräsidium entschied jedoch, es sei nicht nachzuweisen, ob der Wirt diese FIaschen zum Verkauf oder zum eigenen Verbrauch gelagert habe. Nach fünf Jahren konnte Taubeneck seine Wirtschaft endlich in Ruhe führen. Durch die Entscheidung der Regierung wurde, noch kurz vor der Einführung der Gewerbefreiheit, die "Weiße Taube''  in die Reihe der privilegierten Gasthöfe aufgenommen.

als Wirte insgesamt sind bekannt :

bis     1844                     Friedrich Taubeneck

1845 -1853                    Gustav Taubeneck

1853 -1872                    Fr.Bocke

1873 -Nov.1874              G.Pohle

Nov.1874 -1875              Förster

1876 -1879 wieder          G. Pohle

1880 - 1889                   Julius Pohle

1890 -August 1903         Robert Benicke

ab Sept. 1903 - 1911      Karl Schütze (übernahm 1912 den Stadtgarten)

1912                             Carl Hoyer (der am 13. 02. 1913 durch einen Unfall im Alter von 45 Jahren verstarb).

1913-1920                     Gustav Lehmann

1921-1924                     Otto Benicke

1925-1928                     Ferdinand Nagel

1929                            Otto Booch

Ab 1932 gibt es keine weiteren exakten Nachweise und Eintragungen.

Das Gebäude wurde später als Wohnungen genutzt. Doch die bauliche Substanz wurde zunehmend schlechter. Im Jahre 2005 wurde das Grundstück für den Bau eines Lidl-Einkaufsmarktes frei gegeben und im März 2006 erfolgte der komplette Abriss! Danach entstand an dieser Stelle dann der geplante Lidl-Supermarkt.

Quellen:   Archiv –Stadtmuseum Schkeuditz-

                Zusammenstellung und Vortrag v. Klaus Wagner

              (Mitglied im Schkeuditzer Museums- und Geschichtsverein)

               „Schkeuditzer Gaststätten zwischen 1500 und 1900“