In diesem Jahr würde der Schkeuditzer Heimatverein sein 100. Jubiläum feiern – wenn es ihn denn in einer Kontinuität von 100 Jahre gegeben hätte. Und trotzdem feiern wir, denn wir haben den Staffelstab übernommen.

Am 3. September 1925 wurde der „Heimatkundlicher Verein Schkeuditz und Umgebung“ gegründet. Hermann Vater wurde der 1. Vorsitzende.
Am 10. September 1925 fand die erste „Ordentliche Versammlung“ statt. Zur Gründung des Vereins gibt es im Archiv unseres „Stadtmuseums“ entsprechende Protokolle.
Bereits zur Jahrhundertwende hatten Hermann Vater (Senior) und Otto Abitzsch sich um die Gründung eines Heimatmuseums bemüht. Nun endlich am 27. November 1925 erkannte der Magistrat die Bedeutung eines Museums und stellte Zimmer 19 im Rathaus unentgeltlich als Museumsraum für den Heimatverein zur Verfügung. Am 18. April 1926 wurde das Museum eingeweiht. Hermann Vater übernahm auch die Museumsleitung.
Der Verein traf sich anfangs am 1. Donnerstag und später am 2. Donnerstag in jeden Monat in der Gaststätte „Stadtgarten“ dort wurden heimatgeschichtliche Themen besprochen und ortsgeschichtliche und naturwissenschaftliche Vorträge gehalten. Ausflüge wurden unternommen, einheimische Fabriken besichtigt und öffentliche Vorträge zur Eiszeit oder zur Vorgeschichte der Heimat veranstaltet. Auch wurden im Verein Ausgrabungen und Filmabende organisiert.
Am 3. September 1935 wurde Kurt Auerbach Vorsitzender des Heimatvereins und ehrenamtlicher Museumsleiter. Hermann Vater wurde Ehrenvorsitzender des Museumsvereins. Man suchte weiter nach Möglichkeiten der Vergrößerung der Kapazitäten des Museums und mietete schlussendlich 3 Zimmer im ehemalige Wohnhaus der kursächsischen Amtsmüllers, in deren Liegenschaften sich unser Heimatmuseum heute noch befindet (damals Mühlstraße 29, heute Hausnummer 50). Nach dem Umzug des Heimatmuseums wird es dort am 26. September 1937 neu eingeweiht.

Während der NS-Herrschaft wurden die Vereine „gleichgeschaltet“ und für politische Zwecke instrumentalisiert. Berichte zum Vereinsleben in dieser Zeit sind nicht bekannt. Nachdem Kurt Auerbach zu Wehrmacht eingezogen wurde, hatte zuerst Paul Rasche und nach dessen Ableben Richard Rothe das Museum sonntags geöffnet.
Am 18. April 1945 besetzten die Amerikanische Armee unsere Heimatstadt und wurde Anfang Juli 1945 von der Roten Armee abgelöst. Sie kamen auch ins Heimatmuseum und insbesondere die Münz- und Waffensammlung fanden bei den Besatzern reges Interesse. Die Einrichtungen und Gegenstände des Museums gehörten damals der Heimatverein. Es war am Ende von den Mitgliedern des Heimatvereins nicht nachvollziehbar, welche Exponate den Besitzer wechselten.
Nach dem Kurt Auerbach aus dem Krieg heimgekehrt war, wurde der Verein von 16 Herren neu gegründet und das Museum wieder vom 1. Vorsitzenden, Kurt Auerbach geleitet. Die Freude dauerte jedoch nicht lange. Am 20 Mai 1948 enteignete die Besatzungsmacht den Heimatverein und übergab das Museum der Stadt Schkeuditz, die es sofort schloss. Außerdem wurde von der Landesverwaltung der sowjetischen Besatzungszone am 1. Januar 1949 der Zwangsanschluss der Heimatvereine an den 1945 gegründeten Kulturbund verkündet.
Die Schkeuditzer Heimatfreunde reagierten darauf nicht. Deshalb wurde der Verein am 3. Juni 1949 polizeilich verboten. Bei einem Übertritt in den Kulturbund wurde die Wiedereröffnung des Museums in Aussicht gestellt. Das Protollbuch des Vereins meldete dazu: „… Einige sagten ihr Ausscheiden an und sprachen herbe Worte. Es waren unsere Veteranen.“ Um ihr Museum zu retten traten 4 Mitglieder, die Herren Auerbach, Richter, Rothe und Paul, dem Kulturbund bei. Danach konnte wieder Kurt Auerbach interessierte und aktive Mitglieder als Natur- und Heimatfreunde um sich scharen und ein rühriges Vereinsleben im Kulturbund schaffen.
Nach dem Kurt Auerbach 1979 verstorben war, übernahm Adolf Fischer am 14. August 1980 die ehrenamtlich Leitung des Museums. Zunächst war es geschlossen. Als die 1000-Jahrfeier von Schkeuditz nahte, wurde das Museum nach „modernen“ Gesichtspunkten umgestaltet. Die drei Zimmer wurden ausgeräumt und von staatlichen Stellen komplett umgestaltet. Es bestand mehr aus Parolen und „verkitteter Geschichte“.

Unterstützt von seiner Frau Margot und vielen Helfern rettete Adolf Fischer buchstäblich die ausgelagerten Exponate. In den Folgejahren wurde das Museum schrittweise um die Räume des Obergeschosses erweitert, thematisch gestaltet, historisch geordnet und die Heimatgeschichte wieder in den Vordergrund gerückt. Und nach und nach wurden die Parolen entfernt. Insgesamt wurde die Ausstellung auf 16 Räume, d.h. auf 435 Quadratmeter erweitert.



Ende Mai 1990 wurde der Kulturbund der DDR aufgelöst. Damit gab es keinen Heimatverein mehr. Die ehemaligen Mitglieder mussten nicht nur einen neuen Verein gründen, sondern um Fördermittel zu bekommen musste ein Objekt auserkoren werden. Man entschied sich für den Torturm vom ehemaligen Wehlitzer Rittergut und nannte den Heimatverein dann auch „Torturmverein“. Man gewann Klaus Wagner als Vorsitzenden. Nach 2 Jahren war das Projekt realisiert. Es gab danach sehr große Meinungsverschiedenheiten über die weitere Ausrichtung des Vereins. Andere Heimatfreunde trafen sich ab 1993 zu Herrn Fischer im Heimatmuseum und arbeiteten unter Leitung von Adolf Fischer die Schkeuditzer Heimatgeschichte auf. So zum Beispiel arbeitete Klaus Wagner mit Unterstützung von Klaus Matzke an den Projekten „Kürschnerhandwerk in Schkeuditz“ und „Gaststätten in Schkeuditz“.
Am 15. Oktober bat Adolf Fischer aus seinem Ehrenamt entlassen zu werden und Bürgermeister Blechschmidt berief Klaus Matzke zum neuen ehrenamtlichen Museumsleiter. Die beiden Herren waren keine Freunde, aber sie akzeptierten sich.
2007 reiften die Planung für eine Komplettsanierung des mittlerweile doch recht maroden Museums. Zudem übernahm der Historiker Hans Neubert die Leitung unseres Heimatmuseums in einem Anstellungsverhältnis durch die Stadt, zunächst nur mit 20 Wochenstunden, aber diese beiden Umstände sollten dem alten Museum einen neuen Auftrieb geben. Klaus Matzke blieb dem Museum als ehrenamtlicher Leiter der Heimatgeschichte erhalten und gemeinsam machten sich beide an die inhaltliche Konzeption einer neuen Ausstellung.

Um eine personelle Unterstützung zu erfahren und das Museum auch nach außen wirkungsvoll vertreten zu können, entschlossen sich die verbliebenen Heimatfreunde des Museums im Mai 2009 zur Gründung des Schkeuditzer Museums- und Geschichtsvereins mit Herrn Matzke als seinem ersten Vorsitzenden. Aus gesundheitlichen Gründen gab er auf der Mitgliederversammlung 2013 sein Amt an den jetzigen Vorsitzenden Gerald Bösenberg ab.
Die Ideen unserer Vereinsvorderen sind auch unsere Ideen! Wie organisieren Veranstaltungen, wir unterstützen den Museumsleiter bei seiner Arbeit, wir treffen uns mit anderen Heimatvereinen und Ortschronisten, wir arbeiten an Projekten und werten Unterlagen aus, wir organisieren Ausflüge und Vorträge, seit 5 Jahren gestalten wir einen Wandkalender mit historischen Abbildungen, wir feiern Hoffeste und sorgen uns um Ankäufe von Exponaten, sammeln Sach- und Geldspenden oder kümmern uns um unsere Homepage und nehmen an Schulungen teil.

(Textzusammenstellung: Gerald Bösenberg/ Bilder: Stadtmuseum Schkeuditz)
Die wichtigsten Köpfe des Heimatvereins
Konrektor Hermann Vater
Mitbegründer des Heimatmuseums, Ehrenvorsitzender des Schkeuditzer Heimatvereins
geb. am 20. 09. 1861 in Könitz / Thüringen
gest. am 05. 06. 1936 in Schkeuditz
Herr Vater übernahm 1925 bei der Gründung des Schkeuditzer Heimatvereins den Vorsitz. In vielfältiger Weise sorgte er dafür, dass die monatlichen Zusammenkünfte stets anregend verliefen. Eines der wichtigsten Ziele des Heimatvereins war die Einrichtung eines Heimatmuseums der Stadt Schkeuditz. Dieser Aufgabe widmete sich Hermann Vater mit großem Eifer. Schon viele Jahre bevor er an das Einrichten des Museums denken Konnte, hatte er sich eingehend mit vorgeschichtlichen Studien befasst und eine sehr wertvolle eigene Sammlung angelegt. Sobald er hörte, dass irgendwo etwas für das Museum zu retten war, ließ er nicht locker bis er es erwerben konnte. Kein Weg war ihm zu weit und keine Bitte zu viel.
Bis zur Jahreshauptversammlung im Herbst 1935 hatte er das Amt des Vorsitzenden des Schkeuditzer Heimatvereins inne. Am 10jährigen Gründungstag wurde er zum Ehrenvorsitzend ernannt.
Konrektor Otto Abitzsch
Lehrer, Mitbegründer des Schkeuditzer Heimatvereins
geb. am 11.11.1863 in Bitterfeld
gest. am 06.08. 1944 in Schkeuditz
Im Jahre 1888 kam Otto Apitzsch als Lehrer nach Schkeuditz, 1925 wurde er Konrektor. Sein großes Interesse galt der geschichtlichen Entwicklung der Stadt Schkeuditz. Er gehörte mit zu den Begründern des Heimatvereins. Viele Veröffentlichungen sind der Beweis seines Fleißes. Bereits 1897 erschien die Schrift „Kriegsnot im Amte Schkeuditz“.
Heimatfreund Paul Rasche
Malermeister, Mitbegründer des Schkeuditzer Heimatvereins
geb. am 28.07.1868 in Schkeuditz
gest. am 24.08. 1942 in Halle
Der Malermeister Paul Rasche war Mitbegründer des Schkeuditzer Heimatvereins. In den „Heimatblättern“ und den „Heimatlichen Dämmerstunden“, beides Beilagen des Schkeuditzer Tageblattes, berichtete er in unzähligen Beiträgen aus der Geschichte unserer Stadt und von Freud und Leid ihrer Bewohner. Sehr viele Anregungen und Unterlagen konnte er den Aufzeichnungen der alten Kirchenbücher entnehmen. Von 1940 bis 1948 war er im Kirchenamt tätig.
Heimatfreund Richard Rothe
geb. am 08.12.1881 in Merseburg
gest. am 13.06. 1965 in Schkeuditz
Über Jahrzehnte hinweg war Richard Rothe Mitglied des Heimatvereins und nach dessen Auflösung Mitglied der Interessengruppe der Natur- und Heimatfreunde im Kulturbund. Viele Beiträge schrieb er für die „Dämmerstunde“, einer Beilage des Schkeuditzer Tageblatts, und später für den von der Stadtverwaltung herausgegebenen monatlichen Kulturspiegel. Richard Rothe war Mitarbeiter und zuletzt Lektor im Verlag C.F. Weber bis zu dessen Schließung. Bis zu seinem Tode war er Mitglied der „Duden-Redaktion“ und ständiger Mitarbeiter der Monatsschrift „Sprachpflege“.
Eine große Zahl heimatlicher Gedichte hat er geschrieben. Am bekanntesten wurde das Klingelborn-Lied.
Heimatfreund Kurt Auerbach
Leiter des Heimatvereins und des Heimatmuseums
geb. am 08.11. 1902 in Schkeuditz
gest. am 12.02. 1980 in Schkeuditz
Im Jahr 1935 übernahm Kurt Auerbach die Leitung des Heimatverein und des Heimatmuseums. Nach Auflösung des Heimatvereins setzte er seine Tätigkeit in der Interessengruppe „Natur- und Heimatfreunde“ im Kulturbund fort. Mit großem Verantwortungsbewusstsein führte er seine Aufgaben aus. Der Heimatgeschichte, und vor allem der Vorgeschichte, galt sein großes Interesse. Durch viele Aufsätze und Vorträge wurde er weit über unsere Stadtgrenze bekannt.
(Quelle: Klaus Matzke)